Welche Auswirkungen hat Building Information Modeling auf die Art und Weise, wie Architekt*innen und Planer*innen in Zukunft arbeiten und mit anderen Partner*innen kollaborieren? In welchen Phasen vollzieht sich die digitale Transformation? Und was sind die Erfolgsfaktoren für diesen Prozess? Auf diese Fragen hat die Schweizer Unternehmens- und IT Beraterin Regula Weber in ihrer Masterarbeit aus dem Jahr 2016 spannende Antworten gefunden, die bis heute Gültigkeit haben. Auf dem Beta BIM Camp am 30. November in Berlin ist sie als Teilnehmerin mit dabei.
BIM Camp: Regula, deine Masterarbeit untersucht das Thema „BIM als Treiber der digitalen Transformation in der Baubranche“. Du hast lange recherchiert und Interviews mit Architekten und Planern geführt. Was waren deine wichtigsten Erkenntnisse?
Regula Weber: Bei der Einführung von BIM hat man in der Schweiz festgestellt- und das wird in Deutschland ähnlich sein – dass man kaum auf bestehende Erfahrungen zurückgreifen kann. Erfahrung aus Nordischen Ländern oder der USA liegen wohl vor, sind aber kaum direkt für die Schweiz anwendbar, da wir andere Rahmenbedingungen und einen anderen kulturellen Hintergrund haben. Somit sind die Firmen gefordert sich selbst neue Lösungen zu erarbeiten. Dies geht nicht selten nur durch Austesten von neuen Methoden und dem Lernen aus den Fehlern, was ein verändertes Handlungs- und Denkmuster voraussetzt. Dies unterscheidet sich stark von dem, was uns in den vergangenen Jahren gute Dienste geleistet hat. Genau hier liegt die grosse Herausforderung den Spagat zwischen dem bereits jetzt durchgetakteten Alltag zu finden und Forderung Rahmenbedingungen für Neues zu schaffen, sodass sich neue Zusammenarbeitsmodelle und Vorgehensweise entwickeln können und die Mitarbeiter durch eine klare Vision and hohe Motivation der Geschäftsleitung mit auf die Reise zu nehmen und bei der Stange zu halten. Dies erfordert mitunter Mut und Ausdauer.
BIM Camp: Wie läuft dieser Veränderungsprozess ab?
Regula Weber: Es zeigt sich ein gewisses Muster bei der Einführung. Diese beginnt erst mit dem Blick auf die internen Prozesse (innenzentriert) und mit reinem Fokus auf die Technologie. In einem zweiten Schritt richtet sich dann die Entwicklung mehr nach Aussen, in die Projektarbeit und lässt immer mehr erkennen, dass BIM nicht nur eine Technologie ist. Der Austausch, die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den verschiedenen Stakeholder verändert sich oder sollte sich verändern, um echte Mehrwerte zu schaffen. Diese scheinen erst wirklich zu greifen durch diese enge, disziplinenübergreifende Zusammenarbeit. Damit steigt der Bedarf an Abstimmung und Kommunikation und verlangt eigentlich nach für viele neue Ansätze der Zusammenarbeit respektive eben der Kollaboration. Diese Art der Zusammenarbeit muss aber erst gelernt und erfahren werden und Bedarf neuer Fähigkeiten wie Moderation, Umgang mit Feedback, Hinterfragen und Loslassen von Ansätzen, die nicht funktionieren. Also sich immer wieder reflektieren und teilweise neu erfinden. Einer meiner Interviewpartner hat das so formuliert: „Die Technologie könnte als Treiber für den kulturellen Wandel bezeichnet und vielleicht auch als Beschleuniger gesehen werden.“
BIM Camp: Du hast in deiner Masterarbeit Hypothesen zur digitalen Transformation aufgestellt und diese rund um die Einführung von BIM überprüft. Welche waren das?
Regula Weber: Das waren die folgenden sechs Hypothesen, die ich in den Experteninterviews abgeprüft habe:
- Es braucht eine neue Zusammenarbeitskultur und einen Change-Prozess flankierend zur Technologie.
- Es ist kaum äusserer Druck da. Es dominieren andere Handlungstreiber.
- Angepasste Büroumgebungen haben einen wichtigen Stellenwert hin zu einer neuen Zusammenarbeitskultur und unterstützen diesen Wandel.
- Die Arbeit in übergreifenden, multidisziplinären Teams wird zu einem zentralen Faktor im Umgang mit der steigenden Komplexität und Dynamik.
- Der Wandel der Zusammenarbeitskultur wird entscheidend für den Erfolg der digitalen Transformation.
- Das Etablieren einer Fehler- und Lernkultur wird zentral sein, um Neues anzugehen, sowie im Umgang mit der Unsicherheit der Zukunft.
BIM Camp: Und stimmen die Hypothesen?
Regula Weber: Ja, die Interviews haben alle Annahmen weitestgehend bestätigt. Die Hypothese 2 hat zum damaligen Zeitpunkt gepasst. Inzwischen baut sich aber zunehmend vom Markt her Druck auf.
BIM Camp: Welche Handlungsbereiche neben der Technologie ergeben sich daraus für Architektur- und Planungsbüros, die BIM erfolgreich weitertreiben wollen?
Regula Weber: Es ist ein Zusammenspiel verschiedener Dimensionen, die diese oben schon angesprochene Veränderung ermöglichen. Dabei geht es darum die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die involvierten Leute (intern und externe) dazu zu ermutigen, aber auch befähigen sich für den Wandel zu öffnen. Dies fängt mit einer klaren Vision an, dem Aufbau einer angepassten Kultur die beispielsweise Neugierde fördert, Fehler zulässt, Raum bietet neue Ideen zu entwickeln und geht weiter zu angepassten Zusammenarbeitsformen im Team bis hin zu angepassten Organisationsformen. Das Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Aspekte ermöglich erst eine Veränderung hin zu einem neuen Mindset. Es geht also darum, unsere bestehende Führung und Organisation zu erneuern und dazu die notwendigen Kompetenzen sich Schritt für Schritt aufzubauen. Keine leichte Aufgabe.
BIM Camp: Vielen Dank Regula für diese ersten spannenden Einblicke. Wir freuen uns auf deine Session beim Beta BIM Camp in Berlin.